Köln, den 12.09.2020
Vom 06.09.2020 bis zum 12.09.2020 fand an der Trainerakademie des Deutschen Olympischen Sportbundes (DOSB) in Köln die Ausbildung zum DOSB-Trainer B Leistungssport statt. Der Ausbildungsleiter des Deutschen Judobundes Ralf Lippmann scheute keine Mühe, um den Ablauf der Ausbildung an die Corona bedingten Verordnungen anzupassen. So konnten insgesamt 20 Inhaber der DOSB-Trainer C – Lizenz an der Ausbildung teilnehmen, darunter der Darmstädter Kinder- und Jugendtrainer Michael Brilz.
Michael Brilz genoss seine Judo-Grundlagenausbildung bis zum braunen Gürtel beim TSV Eintracht Stadtallendorf. Bedingt durch sein Studium der Materialwissenschaft an der TU Darmstadt nahm er 2012 erstmals am Judo-Training der Kampfgemeinschaft KIAI Darmstadt, bestehend aus den Judoabteilungen des SV Blau-Gelb Darmstadt und des SV Darmstadt 98, teil. „In Darmstadt fand ich optimale Bedingungen, um mich mit dem Judo-Sport eigenständig auseinanderzusetzen: ein Dojo, in dem täglich trainiert werden kann, zahlreiche motivierte Trainingspartner sowie das Vertrauen und die Unterstützung des Abteilungsleiters Kai Schumacher, der mir nach nur wenigen Trainingswochen den Dojo-Schlüssel überreichte.“, erinnert sich Brilz. Durch kontinuierliche Arbeit erwarb er sich den ersten Meistergrad (1. Dan, schwarzer Gürtel) in 2012. Es folgten der 2. Dan in 2015, die DOSB-Trainer C – Lizenz in 2016, der 3. Dan in 2018 und letztlich die DOSB-Trainer B – Lizenz.
In 2014 übernahm Brilz die Hauptverantwortung für das Kinder- und Jugendtraining beim SV BG Darmstadt. „In den vier Jahren zuvor gab es zahlreiche Trainer, die kamen und gingen. Und mit ihnen gingen auch die Kinder und Jugendlichen. Als ich schließlich alleine als Trainer auf der Matte stand und die Anzahl der Teilnehmer an einer Hand abgezählt werden konnte, hatte ich die Möglichkeit mich intensiver mit Trainingsmethoden und -strukturen auseinanderzusetzen. Ich beschäftigte mich insbesondere mit der Frage, wie ich ein Kindertraining abwechslungsreich und altersgemäß gestalten kann und gleichzeitig die Grundlagen des Judo unter Berücksichtigung der Individualität der Kinder vermitteln kann. Eine sehr komplexe Aufgabe, bei der man sich selbst und das eigene Training stets kritisch hinterfragen muss.“ erklärt Brilz.
Mittlerweile trainieren etwa 70 Kinder- und Jugendliche, jeweils ein bis drei Mal die Woche, im Dojo des SV BG Darmstadt, darunter ehrgeizige und erfolgreiche Wettkämpfer. „Daraus ergeben sich neue Herausforderungen für einen Trainer, die nicht nur auf der technisch-taktischen und organisatorischen Ebene, sondern insbesondere auf der mentalen Ebene der jungen Sportler zu finden sind. Kinder setzen sich oft selbst unter einen enormen Leistungsdruck oder glauben Erwartungen anderer genügen zu müssen. Hier muss auf mentaler Ebene unterstützt werden. Auf organisatorischer und technisch-taktischer Ebene muss man sich als Trainer mit der Rahmentrainingskonzeption des Deutschen Judobundes (DJB) auseinandersetzen, um den jungen Sportlern auch den Sprung in die Landes- und Bundeskader ermöglichen zu können. Hier gilt es nicht so zu trainieren, wie man es immer schon gemacht hat, sondern gezielt die Anforderungen des DJB zu vermitteln.“, erklärt Brilz seine Beweggründe zur Ausbildung zum DOSB-Trainer B Leistungssport.
Die Trainer-B Ausbildung Leistungssport orientiert sich in erster Linie an der Zielgruppe der jugendlichen Wettkämpfer von 14 bis 16 Jahren, die systematisch an den Leistungssport herangeführt werden sollen. Dabei wird der Rahmentrainingsplan des DJB stark berücksichtigt. Nichtsdestotrotz können die vermittelten Inhalte unter Berücksichtigung der Individualität und Altersgemäßheit auch im früheren Alter angewandt werden. Der Ausbildungsleiter Ralf Lippmann (7. Dan) führte routiniert durch das etwa 60stündige Ausbildungsprogramm, das jeweils zur Hälfte in Theorie und Praxis unterteilt war.
In der Praxis vermittelte Lippmann aktuelle Wettkampftechniken im Boden, wie z.B. den Tölz-Umdreher und den Bischof-Umdreher, die jeweils nach den erfolgreichen deutschen Judoka Andreas Tölzer (Bronzemedaillengewinner bei den Olympischen Spielen 2012) und Ole Bischof (Olympiasieger 2008 und Vize-Olympiasieger 2012) benannt sind, sowie aktuelle Wettkampftechniken im Stand. „Im Stand haben wir im Rahmen der sportartspezifischen Ausbildung an der Trainerakademie Köln eine Weltstandsanalyse zum Thema, „Was passiert eigentlich in den letzten 5 Sekunden eines Kampfes, bevor eine Wertung fällt?“, durchgeführt. Hierfür wurden alle Kämpfe der Weltmeisterschaften 2017 erfasst und die letzten 5 Sekunden statistisch ausgewertet.“, erklärte Lippmann. Den wissenschaftlichen Aufwand begründet Lippmann wie folgt: „Durch die Regeländerungen im neuen Olympiazyklus haben sich Fassarten und Schrittmuster im modernen Judo verändert.“ Während Nationen wie Japan und Südkorea sich durch Trainingsfleiß an die neuen Bedingungen anpassen könnten, sei dies bei den leistungssportlichen Bedingungen in Deutschland nicht möglich. „Wir können keine 6 Stunden täglich, 7 Tage die Woche trainieren. Wir müssen schlauer sein und nur trainieren, was wirklich notwendig ist.“, erklärte Lippmann und animierte die Auszubildenden ihr Training bereits im Kinder- und Jugendalter auf die aktuellen Gegebenheiten anzupassen.
Zu den weiteren Ausbildungsinhalten zählte judospezifisches Koordinationstraining sowie judospezifisches Ausdauer-, Kraft- und Beweglichkeitstraining in Theorie und Praxis. Für weitere theoretische Inhalte stellte Lippmann ein erfahrenes Referententeam zusammen: Der Leistungspsychologe Dr. Werner Mickler referierte zu dem Thema Coaching und Leistungsmotivation. Zu den Grundlagen der Energiebereitstellung und des Stoffwechsels referierte der Leistungsphysiologe Prof. Dr. Klaus Baum. Das judospezifische Krafttraining vermittelte der Athletiktrainer des Judo-Bundeskaders Simon Schnell. Und die Inhalte der Rahmentrainingskonzeption des DJB wurden zusammen mit der Diplomtrainerin Karin Ritler Susebeek erarbeitet.
Zu den Hausaufgaben zählte die Beobachtung des Technik- und Wettkampftrainings der Bundeskader-Athleten unter verschiedenen vorgegebenen Gesichtspunkten. „Leider durften wir Auszubildenden am Training der Bundeskader-Athleten unter der Leitung der Bundestrainer Richard Trautmann (Männer) und Claudiu Pusa (Frauen) nicht teilnehmen, wie es in den Ausbildungsjahren zuvor üblich war. Aufgrund der Corona-Maßnahmen gelten am Olympiastützpunkt Köln strenge Hygienevorschriften, sodass nur eine Trainingsbeobachtung von der Tribüne, unter Einhaltung der Abstandsregeln und mit Mund-Nase-Bedeckung möglich war.“, schildert Brilz. Ein Wehmutstropfen, der sich verkraften lässt.
Auch die Prüfungsbedingungen zum DOSB-Trainer B Leistungssport wurden an die Corona-Maßnahmen angepasst. Während in einem normalen Ausbildungsjahr die Prüflinge drei Wochen Zeit zur Prüfungsvorbereitung haben, wurde die Prüfung in diesem Jahr am letzten Ausbildungstag abgenommen. „Wir lernten daher abends beim gemütlichen Beisammensein bis in die späten Nachtstunden.“, resümiert Brilz. Die Prüfung bestand aus einer 60minütigen Klausur zur Theorie, der Demonstration eines eigenen Handlungskomplexes und der Überprüfung des korrekten Bewegungsvorbildes. Michael Brilz konnte in allen Prüfungsteilen überzeugen und sich so die Lizenz DOSB-Trainer B Leistungssport verdienen. Sein Fazit: „Ich habe vieles gelernt, sehr guten Input von hervorragenden Referenten bekommen, neue Ideen für das Training in Darmstadt entwickelt und gute Erfahrungen gesammelt. Ich freue mich bereits darauf die neuen Erkenntnisse in Zusammenarbeit mit meinen Sportlern im Training umzusetzen.“
Kommentare von Michael Brilz